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EMA startet Veröffentlichung
Klinische Studienberichte für jedermann einsehbar
Seit Donnerstag gewährt die Europäische Arzneimittelagentur einen offenen Zugang zu klinischen Studienberichten für neue Humanarzneimittel. Als erstes wurden mehr als 100 Berichte mit rund 260.000 Seiten bekannt gemacht - zu lediglich zwei Arzneimitteln.
In Zukunft wird jeder interessierte Bürger direkten Zugriff auf tausende Seiten aus klinischen Berichten von Pharmaunternehmen bekommen, die den Zulassungsentscheidungen der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) im zentralen Verfahren zugrunde liegen. Bisher war dies beteiligten Forschern vorbehalten.
Die EMA ist die erste Regulierungsbehörde weltweit, die einen so umfassenden Zugang zu klinischen Daten ermöglicht. „Die EMA fühlt sich seit Langem zur Transparenz bei klinischen Daten verpflichtet, und heute lösen wir unser Versprechen ein, offen zu legen, worauf unsere Entscheidungen basieren“, erklärt der geschäftsführende Direktor Guido Rasi. „Die akademische Forschung und die Praxis der Medizin als Ganzes werden davon profitieren.“
Vytenis Andriukaitis, EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, ist überzeugt, dass die EMA-Transparenz-Initiative Europa diesbezüglich zu einem echten Vorreiter machen wird.
Nach zähem Ringen
Die Transparenzpolitik der Europäischen Arzneimittelagentur hinsichtlich klinischer Studien, auf der neue proaktive Publikationen beruhen, war am 1. Januar 2015 in Kraft getreten. Ihr waren langwierige, intensive Diskussionen mit der pharmazeutischen Industrie vorausgegangen, die um die Preisgabe firmeneigenen Know-hows fürchteten. Um den Bedenken entgegenzutreten, hat die EMA im März dieses Jahres einen ausführlichen Leitfaden zur Verfügung gestellt, der darlegt, wie die Berichte zur Publikation vorbereitet werden müssen. Hier geht es auch um die Anonymisierung geschützter Daten und den Schutz von vertraulichen Geschäftsinformationen.
Zyprolis und Zurampic machen den Anfang
Nun ist also der Startschuss gefallen. Nach und nach sollen Berichte zu Zulassungsanträgen publiziert werden, die nach Inkrafttreten der Transparenzpolitik bei der EMA eingereicht wurden. Sie sollen innerhalb von 60 Tagen verfügbar gemacht werden, nachdem die Europäische Kommission darüber entschieden hat, ob die Zulassung erteilt wird oder nicht. Ob das auf die Dauer machbar ist, müsse sich allerdings erst noch zeigen. Warum die EMA hier Zweifel hat, wird am Beispiel der beiden „Pilot-Arzneimittel“ deutlich: Kyprolis (Carfilzomib), ein Arzneimittel für seltene Erkrankungen zur Behandlung multipler Myelome, und Zurampic (Lesinurad) gegen Gicht. Konkret handelt es sich hier um mehr als 100 klinische Berichte mit einem Umfang von rund 260.000 Seiten. Die EMA rechnet damit, dass pro Jahr rund 4500 klinische Berichte zur Veröffentlichung anstehen könnten.
EMA als Anwalt der Patienten
„Patienten und Ärzte haben lange Zeit auf Daten aus klinischen Studien gewartet“, kommentiert Yann Le Cam, Chief Executive Officer von EURORDIS-seltene Krankheiten Europe und Mitglied im EMA-Verwaltungsrat. „Wir erwarten, dass dies zur Stärkung des Vertrauens in das Zulassungssystem für Arzneimittel beiträgt. Außerdem kann der Zugang zu den Daten die Forschung durch die Vermeidung von Doppelarbeit beschleunigen.“ Auch andere Vertreter, vor allem aus der Wissenschaft und Forschung, äußern ihre Zufriedenheit und Genugtuung angesichts dieses großen Meilensteins. Damit stärke die EMA ihre Rolle als Anwalt der Patienten, meint Rebecca D. Kush, Präsidentin des Clinical Data Interchange Standards Consortiums (CDISC).
Wer Interesse an den Daten hat, muss sich über
eine spezielle Webseite anmelden.
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